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 Cara Dillon (2006)

Cara Dillon und Band im Knust, Hamburg, 30. April 2006

 

16 Lieder + 12 Ansagen = 28 fröhliche Konzert-Highlights

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Entertainerin Cara Dillon lässt selbst traurige Lieder positiv scheinen

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Schon nach der Ankündigung von „Black is the colour“ ist das Eis gebrochen. Das etwas spärlich besetzte Knust in Hamburg ist nach drei Liedern noch etwas unsicher, wie der Abend weiter verlaufen wird. Da hat Cara Dillon, der Star an diesem Abend auf der Bühne, den entscheidenden Einfall. Das Publikum applaudiert in die Ankündigung des schottischen Klassikers „Black is the colour“ hinein, dem Cara Dillon auf ihrem Debutalbum so viel neuen Glanz verliehen hatte, dass sie mit Preisen dafür ausgezeichnet wurde. „Oh, ihr kennt diesen Titel“ freut sich Cara ob des spontanen Applauses. „Dann könnt ihr ja auch mitsingen“ nimmt die Sängerin das Publikum gleich in die Pflicht. „Ihr hier vorne rechts singt die vierte Harmonie, ihr hier in der Mitte bis etwa dort singt ..“. Schweißperlen standen vielen im Publikum bereits auf der Stirn. Vierte Harmonie? Welcher Textteil? Und welche kleine Gruppe ist wofür zuständig? Als ein wahrer Schelm gibt sich Cara dann zu erkennen: „Nein, war ein Scherz“. Und von diesen gab es dann an diesem Abend diverse. 16 Lieder waren die Basis für ein tolles Konzert, 12 Ansagen waren dann aber die Krönung: 12 Geschichten um die Lieder oder die letzten Tourabende in Deutschland, jede gekrönt von mindestens einem Lacher.

 

Selbst bei ernsten Themen wirkte Cara Dillon immer fröhlich verschmitzt. "October Winds" zum Beispiel widmete sie ihrem kürzlich verstorbenen Vater. Bei der Ankündigung sagte sie, dass natürlich nun jeder sagen würde, sein Vater sei der Beste gewesen. Dann schloss sie aber mit einem verschmitzten Lächeln: "mine was brilliant" .. und ließ als zierliches Persönchen dann sogar noch ihre Muskeln spielen.

In der Ankündigung des ebenfalls traurigen Liedes "There were roses", das über ihre Heimatregion in Nordirland ist, machte sie Werbung für diese Tourismusregion. Als sie dann genug Werbung gemacht hatte, das Land zu besuchen, schloss sie mit einem "I am not working for the Irish Tourist Board".

Eine der fröhlichen Pub-Geschichten spielte in Berlin, in der die Pluralform des Dudelsack ("must be Dudelsäcks") so zur Erheiterung beitrug, dass Cara schon einmal von der Bühne gehen musste.

Und selbst die Werbung für ihre CDs und T-Shirts hatte Charme: "Bitte kauft die CDs und T-Shirts - ich bin es leid, mit Kisten auf den Knien reisen zu müssen". Okay, Cara, wir lassen Deine Knie natürlich nicht so leiden und kaufen schnell noch einige Merchandising-Produkte.

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Cara, die Verschmitzte, nach einem ihrer vielen gelandeten Gags

 

Das Konzert

Nun aber zum eigentlichen Ablauf des Abends:

Wie auf dem Ticket aufgedruckt waren wir pünktlich um 20 Uhr vor dem Knust und fanden dort bereits eine Schlange vor der Tür vor. Mit der Zeit wurde sie immer länger, aber wie so oft bei Konzerten in kleineren Venues läuft nicht alles exakt nach Fahrplan ab. Mit ca. zwanzig minütiger Verspätung wurden die Wartenden eingelassen und durften innen im Bar-/Lounge-Bereich weiter warten, da der eigentliche Konzertsaal noch nicht geöffnet war. Von drinnen konnte man noch den Soundcheck der Vorgruppe hören und im Vorraum saß Cara Dillon samt Band beim Abendessen zwischen den nun wieder wartenden Fans. Etwas komisch für Cara und Gäste: die einen mussten sich beim Essen zuschauen lassen, die anderen mussten dem späteren Star auf der Bühne auf den Teller schauen. Ach ja, was es gab? Kartoffeltaschen, Schweinemedaillons, Rotbarschfilet und einen "Scheiterhaufen" (Putengeschnetzeltes) zur Auswahl. Trotz der Verzögerung beim Einlass wurde kurz vor neun auch der eigentliche Konzertsaal geöffnet und die Vorgruppe konnte relativ pünktlich um 21 Uhr herum beginnen.

Die Vorgruppe

Mit den The Durgas haben sich Cara Dillon und ihre Band einen recht guten Support für den beginnenden Abend ausgesucht, der nicht wie so oft "unter ferner liefen" abgestempelt werden musste. Die vierköpfige Musikcombo - aus Deutschland stammend aber seit 2004 gemeinsam in aller Herren Länder unterwegs - sieht sich selbst dem American Rock/Pop/Folk zugehörig. Schön verspielte Americana-Klänge mit einer guten rauhen (aber auch mal hochtönenden) Stimme, die sicherlich David Gray und Ryan Adams-Fans gefallen konnte. Auch wenn die Musik der ersten knapp 30 Supportminuten etwas rauher daherkam als die nachfolgenden irischen Feinklänge von Cara & Band, und daher nicht ganz im Einklang damit stand, vermochten The Durgas mit anschmiegsamen Melodien und erdig klingenden Instrumenten (auch eine um des Sängers Halses befestigte Mundharmonika war mit von der Partie) bodenständige Geschichten diesseits und von fernen Ländern (Afrika) zu erzählen. Das Publikum - allen voran ein kleiner Fan im Durgas-Fanshirt - war nicht abgetan; eine Gruppe die man sich mal aufschreiben sollte. Ein lauschender Besuch von www.thedurgas.com (z.B. Song "Sleep Vivian") ist allemal lohnenswert!

Cara Dillon Track-by-Track

Um kurz nach 22 Uhr erschien Cara Dillons Band auf der Bühne und sie begannen mit dem irischen Klassiker "She moved through the fair". Dieser Song ist sehr ruhig und es dominierten zunächst die Flöte von James O'Grady und das Piano von Sam Lakeman, was dazu führte, dass man vor der Bühne sogar die Verschlüsse der Fotokameras hören konnte. Cara mit ihren Vocal-Einsatz folgte nur kurze Zeit später.

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Mit dem zweiten Lied "She's like the Swallow", das auch schon auf ihrem Debut-Album "Cara Dillon" von 2001 zu einem der Schnellsten zählte, steckte sie das musikalische Spektrum des Abends ab. Auch war dies eines der wenigen Lieder, bei den Cara das Mikrofon aus dem Ständer nahm und ganz lässig die frei Hand mit dem Daumen in der Hosentasche einhakte. Das Publikum hatte sie mittlerweile vollends auf ihrer Seite und mit der Sicherheit im Rücken, dieses jetzt im Griff zu haben konnten auch die ersten Ansagen folgen.

Im Vorlauf zu dem Song "Bold Jamie", das auch auf dem neuen Album "After the morning" trotz der Pop-Einflüsse dort sehr traditionell gehalten ist, kündigte sie ihn mit den Worten "das Schlimmste daran, ich habe ihn geschrieben" an. Nun waren die die ca. 100 bis 150 Anwesenden nicht nur von der musikalischen Klasse auf der Bühne sondern auch von den Entertainer-Qualitäten von Cara Dillon überzeugt und es sollten noch einige selbstironische, humorvolle und interessante Ansagen zwischen den einzelnen Liedern folgen.

"Never in a million Years" in der Mitte des Sets war dann schöner Pop, von vielen Folk-Fans aber auch als zu starke Anbiederung an Radio-Pop kritisiert. Immerhin konnte Cara Chart-Erfolge in Irland vermelden. Der Zuruf aus dem Publikum, die Traumvorstellung "Number 4 in German Charts", wurde richtigerweise mit einem Augenzwinkern von der Bühne beantwortet. So weit ist Cara in Deutschland noch nicht.

Die beste Leistung des Publikums dann sicher bei "There were Roses". Der 100köpfige Background-Chor trug die Melodie immer mehr, auch wenn Muttersprachler hier wahrscheinlich noch inbrünstiger singen können.

"Tunes" ist der Live-Renner von Cara Dillon, ein Instrumental, das nun auch jedes Publikum mitreißen muss. Auch in Hamburg war die Stimmung nach diesem Song dann sehr ausgelassen. Cara spielte ein entspanntes Geigensolo, das Duell der Geige mit dem Dudelsack von O'Grady war dann sicher der Höhepunkt des Instrumentals.

Bei "The Emigrant's Farewell" wurde die gesamte Band noch einmal vorgestellt. Cara dankte auch noch einmal der Crew und dem Publikum. Den größten Applaus des Abends heimste sich dann Multi-Instrumentalist O'Grady ein.

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James O´Grady an den Pipes

 

Die Cara-Dillon-Band

Vom Line-Up der Cara-Dillon-Band fehlte dieses Mal Stamm-Bassist Ben Nicholls. Der "Ersatzspieler", Andy Hamill, machte seine Sache gut, brauchte aber Noten. Der für Dudelsack und Flöten zuständige James O'Grady war aber mit von der Partie und (wie eben geschildert) neben Cara auch der Held des Abends. Sam Lakeman, Mitautor der Songs, Arrangeuer und Produzent und auch musikalischer Leiter auf der Bühne, blieb hinter seinen Tasten meist sehr unauffällig.

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Andy Hamill am Kontrabass

 

Location, Licht und Sound

Die doch ziemlich kleine Location und der dadurch entstandene fast schon intime Rahmen des Konzertes passte perfekt zu Cara Dillons Musik. Auch wenn alle Anwesenden ihr den Erfolg oder noch größeren Erfolg von ganzem Herzen gönnen (würden), in wesentlich größeren Hallen würde wahrscheinlich ein Teil der Faszination ihrer Musik und Performance verloren gehen. Daher sollte jeder Konzertminute genossen werden, solange sie noch in solche einem fast noch privaten Rahmen auftritt.

Die Lautstärke im Knust war optimal eingestellt, denn es war so laut, dass man das fühlte auf einem Konzert zu sein, aber leise genug, dass der Gehörschutz in der Tasche stecken bleiben konnte. Caras Stimme kam glasklar herüber, obwohl sie vielleicht teilweise etwas zu dröhnig ausgesteuert wurde. Dies lag womöglich daran, dass der Soundmischer gar nicht so schnell reagieren konnte, wie sie sehr geschickt mit dem Abstand zwischen Mund und Mikrofon sowie ihrer Gesangslautstärke spielte.

Auch stimmte zu Beginn von "Streets of Derry" etwas mit der Soundanlage oder Verkabelung nicht, denn während des sehr leisen Intros war mehrmals ein merkwürdiges Knistern zu hören. Auch war die Flute von James O'Grady ab und zu etwas zu leise. Diese minimalen Irritationen fallen aber fast schon unter die Rubrik Kaffeesatzleserei, denn insgesamt war das Konzert sehr gut abgemischt und ein wirklicher Hörgenuss.

Publikum und Stimmung

Vor dem letzten Stück des regulären Set, „Green grows the Laurel“, hat Cara Dillon - dieses Mal unfreiwilligerweise – die Lacher auf ihrer Seite. Als sie das letzte Lied des Konzerts ankündigen will, rutscht ihr „the last song of the first set“ heraus. Das Publikum jubelt begeistert. Natürlich, es ist die Nacht vor dem 1. Mai, da haben viele Zeit, auch noch einen zweiten und dritten Set von Cara Dillon zu genießen, der dritte Set dann in ein schönes Frühstück auslaufend. Als sie dann auch bei den Zugaben immer wieder betonte, dass sie noch unbedingt eine Fähre erwischen müssten, da dies ihr letzter Auftritt der Deutschland-Mini-Tour war, hörte man im Publikum „swim“ oder besser „stay“. So viel gute Laune auf der Bühne kann man sich häufiger anschauen und anhören. Überhaupt war es diesmal eine ganz andere, viel freudigere Stimmung als noch vor drei Jahren in der Fabrik zu Hamburg. Die damalig empfundene schöne Mystik und "das Traurige" in allen Songs vom eher literarisch, ja nahezu poetisch angelegten 2003-Auftritt fanden an diesem (!) Abend von Seiten Cara nun eine ganz einfache Erklärung; ist doch ihr Vater, den sie vor dem ihm gewidmeten Titel "October Winds" als den brillantesten bezeichnete, Ende 2003 verstorben. Auch wenn das Konzert von November 2003 somit unter einem ganz besonderen Stern stand - aber auch ohne diese traurige Information eine seltene, nicht wiederholbare Besonderheit hatte -, gefiel einem die fröhliche Cara in 2006 mindestens genauso gut! Beeindruckt ist man nun im Nachhinein, wie Cara Dillon sich in guten aber auch schlechten Lebenszeiten auf der Bühne unter "Kontrolle" hat und sowohl Trauer als auch übermäßige Lebensfreude durch ihre Songs fühlbar zu verarbeiten und gleichermaßen authentisch auszustrahlen imstande ist!

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Nach der Show

Nachdem der virtuelle Vorhang gefallen war, kam kurze Zeit später die Band schon wieder höchstselbst auf die Bühne zurück, um ihre Instrumente selbst abzubauen. Gegen Ende des Abbaus wurde auch Sam Lakeman gesichtet, wie er eine Kiste Beck's in Richtung Auto trug. Wenn das mal nicht der Proviant für die Überfahrt gewesen ist. Trotz des wahrscheinlich knappen Zeitplans, denn als wir den Club verließen war verließ schon der erste Transporter der Band das Gelände, nahm sich die Band ca. dreißig Minuten nach Konzertende noch Zeit, um noch einmal zu den ausharrenden Fans zu kommen. Vor allem mit Cara Dillon und O'Grady wurden Erinnerungsfotos gemacht. Wir nutzen auch die Gelegenheit bei Cara persönlich nachzufragen, warum sie bei der Tour nur in Norddeutschland auftrat. Daraufhin erklärte sie, dass es nur eine Mini-Tour (Anm. der Redaktion: 4 Stationen) gewesen sei und sie für eine richtige Tour wieder nach Deutschland kommen werde. Bitte gerne und je schneller je besser!

 

In eigener Sache

Eine Premiere übrigens für uns: Der Artikel wurde von zwei Lone Reviewern und Thomas von Music-is-live.de geschrieben, also ein Artikel von zwei Konzertberichte-Redaktionen. Danke auch an Thomas für die dezente Fotoarbeit im Konzert.

Line-Up

Cara Dillon - Gesang, Tin Whistle, Geige

Sam Lakeman - Keyboards, Gitarre

James O'Grady - Dudelsack, Flöten

Neill MacColl - Gitarre, Banjo

Andy Hamill - Bass, Cello

Simon Lea - Schlagzeug
 

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Neill MacColl an der Gitarre

 

Setlist

01. She moves through the Fair

02. She's like the Swallow

03. Bold Jamie

04. Black is the Colour

05. October Winds

06. Never in a million Years

07. Garden Valley

08. Grace

09. Roses

10. I wish you well

11. Donald of Glencoe

12. Where are You

13. Tunes

14. Green grows the Laurel

---Zugabe---

15. Streets of Derry

16. The Emigrant's Farewell

 

 

Andreas (andreas@lonereviewer.de), Andre (andre@lonereviewer.de), Thomas (thomas@music-is-live.de)

 

Fotos mit freundlicher Genehmigung von Thomas (www.music-is-live.de)

Der Bericht findet sich auf unserer Partnerseite Music-is-live hier.

 

 

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