Home
BuiltByNOF
 Annett Louisan

Annett Louisan

feat. das deutsche Filmorchester Babelsberg

25.11.2006 // Studio Berlin Adlershof, Berlin // Pop meets Classic

Vielen herzlichen Dank, Nancy!

Überraschungen, Überraschungen und jede Menge Chaos

Serendipity. Durch einen glücklichen Zufall bekam ich aus heiterem Himmel eine Karte für diese interessant betitelte Veranstaltung. So wurde ich Zeuge eines tollen, neudeutsch "Crossover-Konzert" genannten Bühnenspektakels. Selbstverständlich wurde auch hier das Rad nicht neu erfunden, denn es gab ja schon jede Menge Projekte, bei denen bekannte Rock/Pop-Künstler mit einem klassischen Orchester gemeinsam auf der Bühne standen; eben die bekannte Alternative zu einer Unplugged-Session einer Band. Dennoch: Die Lieder von Annett Louisan einmal in einem anderen Gewand zu hören war schon sehr interessant.
Aber bevor es soweit war, hatten sich unabhängig von einander die BVG und der Konzertorganisator noch so einiges einfallen lassen, um diesen Abend wirklich als einzigartig ins Gedächtnis jedes Besuchers einbrennen zu lassen.

läuft alles perfekt ... nur die Bahn is' weg

Nicht weg im Sinne von 'ohne mich losgefahren', sondern es wurde sich extra eine interessante S-Bahn-Streckensperrung ausgedacht. Zwei nacheinander liegende Stationen konnten nicht angefahren werden, so dass es eine kleine Stadtrundfahrt gab. Anstatt also 2x nach Süden fahren zu können hieß es: kurz warten auf den Anschluss - dann ging es 3x nach Westen - extrem langes warten auf den Anschluss - dann beinahe zurück 3x nach Osten - schnelles Rennen von den S-Bahnen zum SEV mit Bussen - (oder halt Warten auf den nächsten) - eine gemütliche Sardinenfahrt von gefühlten 20 Minuten - längeres warten auf die nächste S-Bahn - und dann endlich in der Nähe vom Konzert.

läuft alles perfekt ... nur der Sitz is' weg

Aufgrund der gerade so gemütlichen Fahrt schenkte ich mir das Warten auf einen Bus und suchte dann zu Fuß das Studio 20. Schließlich fand ich es wirklich, allerdings begünstigt durch die hohe Anzahl anderer Verirrter, die sich durch die spärlich beleuchteten Gassen des Geländes schoben. Am Eingang dann die nächste Überraschung, dass es eine Fernsehaufzeichnung werden würde. Obwohl unnötig, hieß es dann ab zu den Garderoben drängeln, da man Kameras, Photoapparate, Handys, Stullenpakete, Handtaschen, Rucksäcke und Jacken abgeben musste. (Also gibt es hier keine privaten Bilder von dieser Veranstaltung; aber das liegt wohl eher am Management von AL. Immerhin; es gab eine offizielle Photographin des Abends. (Man muss die Cashcow wohl solange melken, bis sie zum Falling Star oder schlimmer noch, zum Problem Child/Dog wird. Denn z.B. bei Keane wurde auch aufgezeichnet - aber ohne den ganzen Kiki der Garderobengängelung und des Schnappschussverbotes.))
Die Krönung diesbezüglich war aber, dass die Garderobe auch noch kostenpflichtig war. In der Kombination mit dem Kartenaufdruck "Eintrittskarten werden nicht zurückgenommen!" konnte man wohl noch froh sein, dass diese nicht 10 Euro oder mehr kostete. Aber vielleicht plant man das ja für die Zukunft solcher Veranstaltungen ...
Somit war es nicht verwunderlich, dass nach all dieser Zeitverzögerung der geplante Beginn von 19:00 Uhr knapp verfehlt wurde, obwohl (für mich wider erwartend) die Mehrzahl der 1000 Zuschauer schon saalströmungswillig waren. Wie beim Flugzeug-Check-In wurden dann die Blöcke einzeln herein gebeten. Als ich dann endlich meinen Platz hatte war ich froh darüber und hoffe, dass es jetzt ohne weitere Komplikationen losgehen würde. Andere hofften das auch, aber hatten weniger Glück. Denn aufgrund einer falschen Saalbuchung - die nun wirklich mal passieren kann, v.a. wenn es kein ständig bestuhlter Raum ist - staunten einige Konzertbesucher nicht schlecht, als es keine Reihe mit ihrem Sitzplatz gab. Aber das war weiter kein Problem, da die auf charmant & hilfsbereit getrimmten Hostessen mit ihrem einstudierten Lächeln gerne den ungläubigen Besuchern alternative Plätze zuwiesen. Bei so viel inverser Galanterie war es sogar verständlich, dass es keine lautstarken Beschwerden gab.
Nachdem auch die letzten Schickimicki Damen & Herren eingetreten waren (den man schon ansah, dass sie es unschicklich finden mit weniger als 3 Stunden Verspätung aufzulaufen) konnte es auch irgendwann, sprich 19:35 Uhr, losgehen.
Nachdem dann auch das Warm-Up der Moderatorin der Fernsehsendung geschafft war, konnte man dafür, es bis hierher geschafft zu haben, erleichtert drei Kreuze machen. - Ach so, ein Konzert gab es dann auch noch.

ach du Scheiße ´n Widder

louisan 

Ganz in schwarz (und leider überschminkt) betrat dann Annett Louisan unter dem ordentlich eingeprobten (aber nichts desto trotz auch erst gemeinten) Applaus die Bühne und begann den Abend mit den sicheren Nummern das Gefühl & Daddy, um sich bestimmt auch selber auf die kommenden zwei Stunden einzustimmen. Schön anzusehen war dabei die wortlose Kommunikation zwischen ihr und dem Dirigenten des Orchesters, den sie auch gleich zum Anfang vorstellte. Sie gab schnell zu, selbst nach den ganzen Proben immer noch aufgeregt zu sein, ein so großes Orchester hinter sich zu wissen.
Dass der erste Geiger dann doch nicht Thorsten Schmidt hieß brachte ihr zwar die Lacher ein, aber uns Zuschauern nicht diesen besagten Titel. Dafür das Fettnäpfchenwetthüfen welches ich bis dato nicht kannte, da es nur auf der Neuauflage der unausgesprochen-CD zu hören ist. Eine kleine feine Nummer. Die Ballade läuft alles perfekt wirkte in diesem neuen Rahmen auch besonders schön, da es neue Akzente gab. Der Liedtext an sich ist ja schon sehr gut erdacht.
Vor Widder wider Willen gab es wieder eine Ansage, deren Häufigkeit mich an diesem Abend sehr angenehm überrascht hatte, und der kleine Verhaspler machte sie nur umso sympathischer und entspannte die Atmosphäre. Und sie hat recht; nur eine Information, erst recht nicht eine über das Sternkreiszeichen, kann keine ausrechende Grundlage für die komplette Kenntnis eines Menschen sein. Anyway.
Die Ankündigung von Eve brachte besonders starken Applaus und es war nicht schlimm, dass bei diesem Stück das Orchester kurz Pause hatte. Mit einer solchen Hintermannschaft werden Songs ja im Allgemeinen langsamer, was hier nicht gepasst hätte. Is halt n schnellerer, schöner Sommersong bei dem sie das Minenspiel schon wirklich perfekt drauf hat. Die extra so zusammengestellte Setlist unterstützte den Effekt des nachfolgenden Liedes sogar noch umso mehr. Quasi von 0 auf 100, denn bei das große Erwachen konnte das Orchester aus dem Vollen schöpfen. Mit dem pompösen Refrain bot sich dieser Song auf alle Fälle für dieses Experiment an. Es klappte. Es war das beste orchesterunterstützte Stück des Abends und auch die Lichttechnik wurde stimmungsunterstützend optimal zum Refrain eingesetzt. Allein für diese Darbietung und das optimale Zusammenspiel aller Beteiligten lohnte sich diese einmalige Kollaboration. Diese Interpretation passt auch gut zu dem Lied. Danach gingen kurzzeitig JK & OC von der Bühne - war das womöglich extra wegen des Textes von der, den ich will ... ? ;-)
Die interessante Ankündigung "einige lieben dieses Lied ... andere hassen es ... ich liebe es" hielt sie als Auftakt für den 2.Block der älteren Lieder bereit. Bei die Katze durchstreifte sie wie eben diese das Publikum, was richtig toll war und bevor der komplette Saal miauen durfte, testete sie dieses erst an einem einzelnen Mann, was Szenenapplaus gab. Unterdessen durfte das Orchester eine längere Pause einlegen.
Die längste veränderte Version des Abends gab es von der Beerdigung, während welchem Annett Louisan ihre Jungs vorstellte und jeder ein kurzes Solo hinlegte. (Die Hamburg-Connection funktioniert. War jetzt schon der dritte Künstler, bei dem ich Mirko Michalzik an der Gitarre sah; nach Stefan Gwildis und Regy Clasen.)
Bei chancenlos leistete sie sich den ersten Patzer, als sie eindeutig zu früh einsetzte. Und als dann der letzte Flötenton bei wieder mitspielenden Orchester auch noch etwas komisch klang, war der Effekt des Textes sofort aufgebraucht. (Ich meinte schon vorher auch einen kleinen textlichen Versinger bei der den ich will gehört zu haben, war mir aber nicht sicher; auf alle Fälle wurde aber zu früh geklatscht.) War alles egal, bei einem nächsten Highlight des Abends, vielleicht, war man schon wieder bei ganz anderen Gedanken. Das herrliche Orchester spielte wunderbar auf. Anschließend gab es leider schon das letzte Liebeslied. Standing Ovations für alle Beteiligten und das war vollkommen gerechtfertigt.

Fast auf die Sekunde genau waren 90 Minuten um, als Annett Louisan zurück auf die Bühne kam. Und fragte: "wie wäre es ... mit ein paar Wiederholungen"? Also gab es erneut Version von drei Stücken. Bei chancenlos klappte dieses Mal alles perfekt ... bis kurz vor Schluss. Ein heftiger Nieser im Publikum erscholl in der Stille, woraufhin sofort Gelächter ausbrach - mal seh'n, wie die Tontechniker das Zusammenschneiden ... mit zwei versauten Enden ...
Als Bonus für das lange Durchhalten des Publikums gab es noch die Dinge. In völlig gelöster Stimmung durfte auch das Publikum mehr als Mitschunkeln und wenigstens beim letzten Lied gewollt mitsingen. Das erneute Klatschen brachte jedoch keine Zugabe mehr; ihre Freude auf das nächste Mal und das Schulterzucken wirkte auf mich, wie 'alle geprobten Songs haben wir gespielt' ... - Ab 21:27 durfte man dann wieder länger nach irgend einer Jacke anstehen ...

Fazit: Außen pfui, innen huih! Während die äußeren Umstände eher verschreckend waren, war das Konzert an sich erschreckend gut. Die Veränderung zu ihrer bisherigen Musik ist zwar nicht so groß, als wenn man J.B.O. klassisch eingespielt hätte, aber dennoch überaus interessant, wie sich einige Song durch die Orchesteruntermalung ganz anders anhören und man unmerklich anders hinhört. Der einzige Wehrmutstropfen war halt die perfekte Inszenierung. Es sind nun mal nicht ihre Lieder, d.h. sie singt sie "nur", allerdings das in einer Art und Weise, dass man ihr die Texte abnimmt. Ein Blick auf die Setlist offenbart, dass auch diese zu durchgestylt war. (Die Blockbildung alt/neu verstand ich nicht.) Leider fehlten unausgesprochen, die Lösung und Thorsten Schmidt, welche man gerne gegen die 6 & 15 hätte substituieren können und in einer klassischen Bearbeitung bestimmt auch Highlights gewesen wären. - Aber vielleicht gibt es irgendwann noch einmal so ein interessantes Projekt. Mimiken & Gesten zu den verschiedenen Songs sind auch schon perfektioniert, welches man v.a. bei den Songwiederholungen gemerkt hat. Dieses störte nicht allzu sehr, da es nun einmal ihre Empfindungen während des entsprechenden Liedes sind, nur eben alles zusammen hinterließ bei mir diesen Eindruck schon fast 'zu professionell' an die Sache heran gegangen zu sein. - Nicht desto trotz ein gelungener Konzertabend, der sich voll gelohnt hat.

(verfasst von l.j.)

lars@lonereviewer.de

Annett Louisan Band-Besetzung

Christoph Buhse: Schlagzeug
Olaf Casimir: Kontrabass
Jürgen Kumlehn: akustische Gitarre
Mirko Michalzik: Gitarre
Friedrich Paravicini: Wurlitzer, Akkordeon, Mundharmonika, Cello

 

Setlist
(* = vom aktuellen Album)

01. das Gefühl
02. Daddy
03. Fettnäpfchenwetthüpfen*
04. läuft alles perfekt*
05. Widder wider Willen*
06. gedacht ich sage nein*
07. Eve*
08. das große Erwachen (...und jetzt...)*
09. der den ich will*
10. das Spiel
11. die Lüge
12. die Katze
13. die Trägheit
14. Beerdigung* (inkl. Bandvorstellung)
15. Wo ist das Problem?*
16. chancenlos*
17. vielleicht*
18. das Liebeslied

#Retry#
19. der den ich will*
20. chancenlos*
21. die Trägheit

#Zugabe#
22. die Dinge

 

 

[Home] [Impressum] [Über uns] [Aktuelles] [Update-Archiv] [Konzerte] [CDs/LPs] [DVDs] [Quickies] [Top-Listen] [Audio-Tipps] [Kolumne] [Galerie] [Links]