Gestern war das 2. Halbfinale der Europameisterschaft 2004, Otto Rehhagel´s Griechen schlagen die favorisierten Tschechen und ziehen unter Jubel ins Finale gegen Portugal ein - eine wahre Freude, auch für jeden deutschen Fussballfan, so wie mich. Man musste erstmal wieder runterkommen, das Euphorie-Ventil war zu doll aufgedreht. Soll ich es dennoch wagen, die am gleichen Tage neu-erworbene DVD von Sarah McLachlan in den Player zu schieben - bin ich jetzt überhaupt aufnahmefähig  für Musik ?! Ich wusste nicht so recht...

Das TV-Programm nach dem Spiel war jedenfalls mau, "...und was sollte den Fussballabend heute schon noch toppen ?! Ach komm, der Abend ist noch jung, schau doch schonmal kurz hinein in die DVD, den Rest kannst Du Dir dann ja morgen in aller Ruhe anschauen...!"

Da wusste ich noch nicht, dass ich die DVD bis dahin bereits schon dreimal geschaut haben sollte...

Kaum startet das Menue und der erste mit dem Song "Good Enough" unterlegte Einstieg ins kammerartige Konzert (ca. 250 Gäste) läutet ein, da hat es mich wieder erwischt, dieses gewisse Gefühl : es gibt noch weitaus MEHR da draussen !

Sarah schafft es ein ums andere Mal mehr, einen sofort in ihren märchenhaften Bann zu ziehen.

Von der herzergreifenden, seelenbelebenden Musik brauchen wir garnicht anfangen zu reden. Ein jeder der ihre Musik kennt, weiss wovon ich nun schreiben würde... Die mystischen Songs gemischt mit den ergreifenden Geschichten, die einem nun das erste Mal offenbart wurden, und das in einer herrlich warmen und persönlichen Art, man möchte Sarah nie wieder aus seinem Wohnzimmer, indem sie scheinbar auftrat, gehen lassen...

Das Seltsame ist, das die bislang eh schon brillianten Songs nochmal an Ausdruck dazugewonnen haben, jetzt da man weiss, mit welcher Intention sie enstanden - man "hört" nun ganz anders (vorbereitet!) hin, wenn man ihren CDs nun lauscht.

Ganz besonders betonen möchte ich dabei "Hold On" und "Possession", deren Hintergründe einen doch ziemlich nachdenklich und traurig stimmen. Ein musikalisches Highlight sicher auch das Duett mit Paula Cole bei "Elsewhere", die es versteht Sarah´s Song in sich aufzunehmen und so zu interpretieren, als stamme er aus ihrer eigenen Feder. Ein wunderschöner Song, ein lebhaftes Duett und toll anzusehen, wie sehr der Gaststar sich dem Song vollends hingibt und mitlebt.

"Possession" ist wohl der ergreifendste Song des Abends. Ohne zu sehr auf den Inhalt einzugehen,- man sollte Sarah´s Erzaehlungen lieber das erste Mal selbst beim Schauen der DVD hören, eine trockene Inhaltsangabe würde hier fehl am Platze sein,- ist Possession für mich wohl die grösste Offenbarung eines Künstlers, die ich je zu Ohren bekam -  offen und direkt ausgesprochene Ängste und Gefühle die normalerweise in einem jeden von uns tief verborgen bleiben - mutig finde ich, wie Sarah so viel von sich preisgibt und dabei gleichzeitig in die (sanfte!) Offensive geht - man merkt, dass ihre Musik für sie auch eine Art Selbstheilung darstellt. Leicht schaurig und voller Traurigkeit, wie Sarah dann den sehr autobiograpischen Song, der aus zwei Sichten spricht (die eines leidenschaftlichen aber traurig verliebten Fans und die des geliebten aber unnahbaren Künstlers, und die unmögliche Bindung die zwischen ihnen entsteht, entstehen "soll"), allein am Klavier umgeben von brennenden Kerzen vorträgt. Eine tiefschwarze Schwermut und kalte Trauer überkommt einen beim Zuhören und Zusehen. "Klasse" würde ich nun normalerweise sagen, doch diesmal war es mehr als das. Es hatte etwas Ergreifendes, tief erhliches und vorallem diesmal "nahbares" ! Eine Performance, die mehr war als ein blosser Auftritt, eine emotionale Offenbarung, ein tiefer Blick in Sarah´s Innenleben, den ich so schnell nicht vergessen werde. Es ist schon schön zu erleben, dass es selbst eine sterile DVD schafft, dieses "lebendige" Gefühl über den Fernseher rüberzubringen.

Aber auch "Angel", der Bonus-Track (bekannt aus "Stadt Der Engel"), ist sehr persönlich und erschaudernd zugleich. Er handelt kurz umschrieben von der Flucht vor der Einsamkeit, die oft auch den falschen Weg einschlagen kann. Wieder spricht Sarah nicht nur von einem anderen, nämlich einem Musiker, der auf Tour seine Flucht tödlich in Drogen fand, sondern sie spricht auch wieder von sich selbst und ihren oft heimsuchenden Ängsten im oft auch "schattenreichen" Dasein eines Musik-Stars.

Ich muss schon sagen, wirklich sehr mutig, wie Sarah dieses Forum nutzt, um mehr, fast zuviel von sich preiszugeben. Wer aber ihre Texte genauer und auch bereits zwischen den Zeilen gelesen hat, den überrascht diese Offenheit nicht so sehr, vielmehr überkommt eine die Bestätigung für die versuchte Interpretation ihrer Texte -  ein Stück Persönlichkeit und Vertrautheit, die einem hier geschenkt wird.

Aber auch die Musik ansich kommt hier nicht zu knapp. Tolle Aussteuerung, glasklarer Gesang, intrumentale Betonung und ein paar neue Arrangements erwarten einen als schöne Ergänzung zu "Mirrorball", der ersten Live-DVD von McLachlan. Songs die zum Träumen anregen, schweben und "runterkommen lassen", das zuvor erlebte Fussballspiel jedenfalls ward ins Abseits gelangt.

VH-1 Storytellers ist eine Reihe für Fans, die mehr über ihren Lieblingskünstler erfahren wollen. Ich wurde durch die DVD in meiner Leidenschaft für McLachlan´s Musik bestätigt und höre ihrer Musik nun noch intensiver zu als zuvor -  ein gelungenes Werk für Daheim und eine schöne Versüßung der Wartezeit für ihren Auftritt in Deutschland im Oktober 2004...

Bei der Kürze (approx. 43 mins) und dem leider noch zu teuren Preis (ca. 22 Euro) jedoch würde ich für den Einstieg für Neulinge die "Mirrorball"-DVD empfehlen. Storytellers ist dann der zweite, aber unausweichliche Schritt für Fans, die mehr erfahren und Sarah mal in ihren eigenen "Wohnzimmern" erleben wollen.

Setlist :

(Jahr 1998)

01. Good Enough (als Intro)

* DTS 5.1 und Dolby Digital 5.1 Surround Sound

* Music-Only Option

* Deutsche Untertitel für die Geschichten

* NTSC 4:3 (Region Codes 2,3,4,5,6)

(a.j.)

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