Home
BuiltByNOF
 Chicago/EWF

Chicago und Earth, Wind and Fire: Live at the Greek Theatre (2 DVDs)

 

Die Mischung machts – Funk, Jazz-Rock und balladiger Pop-Rock perfekt verbunden

 

Als jahrzehntelanger Chicago-Fan schon in Besitz von drei Chicago-DVDs, davon zwei mit vollen Chicago-Konzerten, zögerte ich zunächst, dieses 2-DVD-Set zu beschaffen. Earth, Wind and Fire hatte ich früher zwar auch gern gehört, aber ich war weder LP- noch CD-Käufer dieser Band. Und wenn zwei Bands an einem Konzertabend auftreten, so spielen sie wohl streng nacheinander, DVD1 für die eine, DVD 2 für die andere Band.

 

Dass ich mir die DVD dann doch gekauft habe, dafür gab ein Hamburger namens Stefan Gwildis den Ausschlag. Einige seiner „funkigen“ Titel erinnern an den Sound von Earth, Wind and Fire. Und auf seinem letzten Album hatte er einen alten, selbstgeschriebenen Akustiktitel (Mama mag ihn) auch in diesem Funk-Gewand neu arrangiert. Auf der Bühne verbreitete Stefan Gwildis dann die Legende, dass die Band in einem italienischen Dorf im Jahre 2004 mal Earth, Wind and Fire gehört hätte und dann auf dieses Arrangement kam. Und im letzten Open-Air-Live-Konzert der Stefan-Gwildis-Band wurde dann in den Titel Mama mag ihn auch tatsächlich ein Stück Earth, Wind and Fire eingebaut, eine Strophe des EWF-Hits September.

ChicagoEWF-LiveDVD

Also bestellte ich doch das gemeinsame Konzert von Chicago und Earth, Wind and Fire, damit rechnend, zwei wenig inspirierte Kurz-Konzerte zu bekommen. Meine Erwartungen wurden dann allerdings voll übertroffen, da sich beide Bands beim 20-minütigen Opening und beim 30-minütigen Finale zusammen auf der Bühne tummeln, abwechselnd die Hits von Chicago und Earth, Wind and Fire spielen, und die Instrumentalisten beider Bands sich jeweils die Soli teilen (und auch den Lead-Gesang).

 

Das Opening mit den Titeln Beginnings (Chicago), In the Stone (EWF) und Dialogue Part I and II (Chicago) zeigt schon diese Mischung: Das Bass-Solo auf Beginnings teilen sich die Bassisten von Chicago (Jason Scheff) und EWF (Verdine White). Dazu gibt es die üblichen Soli von Jimmy Pankow (Posaune) und Lee Loghnane (Trompete). In den Schlussteil des EWF-Hits In the Stone wird organisch die Strophe „we can make it happen“ des Chicago-Titels Dialogue Part II eingebaut. Witzig (aber natürlich gestellt), wie die beiden Bands am Ende des Openings die Reihenfolge bestimmen, in der sie ihre eigenen Konzertanteile spielen: Schließlich muss ein Münzwurf helfen und Earth, Wind and Fire muss / darf beginnen.

 

Zwischendurch gibt es dann jeweils eine volle Stunde Konzert zunächst von Earth, Wind and Fire und dann von Chicago. Im EWF-Teil werden Hits wie Boogie Wonderland, Got to Get you into my Life, Fantasy und Let’s Groove gespielt, im Chicago-Teil nach dem Ballet for a Girl in Buchanon (14 Minuten lang) neben Hits wie If you Leave me Now und Saturday in the Park auch selten gespielte Perlen wie Alive Again und Old Days. Aber auch hier helfen sich die Bands aus. Beim Chicago-Superhit If you leave me now übernimmt Philip Bailey  von EWF den Lead-Gesang mit seiner Falsett-Stimme, Vadim Zilbershtein unterstützt den Chicago-Gitarristen Keith Howland mit seiner Akustikgitarre. Und im EWF-Konzertteil wird der Lead-Gesang einmal durch den Chicago-Keyboarder Bill Champlin übernommen – wie sich herausstellt, hatte dieser auch den EWF-Titel After the love has gone komponiert.

 

Zum Finale stehen dann wieder 20 Leute auf der Bühne (die 8-köpfigen Chicago und die 12-köpfigen Earth, Wind and Fire) und spielen und singen gemeinsam die Hits September (EWF), Free (Chicago), Sing a Song (EWF), Does Anybody really know what time it is (Chicago), Shining star (EWF) und schließlich 25 or 6 to 4 (Chicago). Beeindruckend, wie sich beim letzten Titel die drei Gitarristen beider Bands das E-Gitarren-Solo teilen. Und bei Free gibt es ein phantastisches Saxofon-Duell zwischen Walt Parazaider (Chicago) und Gary Bias (EWF).

 

Immerhin stehen noch 7 Originalmitglieder aus der Gründungszeit Ende der 60er / Anfang der 70er in beiden Bands auf der Bühne: die dreiköpfige Bläser-Sektion mit Jimmy Pankow, Walt Parazaider und Lee Loughnane sowie Keyboarder und Sänger Robert Lamm bei Chicago, und Philip Bailey (Gesang), Verdine White (Bass) und Ralph Johnson (Gesang und Percussion) bei Earth, Wind and Fire. Schade, dass EWF-Chef Maurice White aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auftreten kann.

 

Das Bild ist hervorragend, die Bühne ist über das gesamte 3-Stunden-Konzert hinweg voll beleuchtet. Sieht man einmal davon ab, dass die festen Kameras, die bei den beiden Schlagzeugen und den diversen Keyboards auf dem Podest in der hinteren Hälfte der Bühne befestigt wurden, manchmal etwas zittern: kein Wunder, wenn 20 Musiker mit viel Feuer über Bühne und Podest tanzen und damit sämtliche Aufhängungen etwas ins Schwingen bringen. Der Ton in Stereo 2.0, Dolby Surround 5.1 und DTS ist hervorragend, die Abmischung zwischen Instrumenten, Bässen und Gesang auch hervorragend gelungen.

ChiEWF01a 

Von links nach rechts: Verdine White (Bass EWF); dahinter halb verdeckt John Paris (Schlagzeug EWF); auf dem Podest Jimmy Pankow (Posaune Chicago); vorn Ralph Johnson (Gesang EWF); auf dem Podest Walt Parazaider (Saxofon Chicago); vorn Robert Lamm (Gesang und Keyboards Chicago); auf dem Podest Lee Loghnane (Trompete Chicago); vorn Philip Bailey (Gesang EWF); dahinter halb verdeckt Tris Imoboden (Schlagzeug Chicago); rechts im Mittelfeld Vadim Zilbershtein (Gitarre EWF).

 

Extras sind nicht vorhanden, das Drei-Stunden-Konzert ist eigentlich auch Extra genug. Schade, dass das Schlagzeug-Duell von Tris Imoboden (Chicago) und John Paris (EWF) aus dem Konzertverlauf herausgeschnitten wurde und als Extratrack auf die zweite DVD genommen wurde, ich hätte es mir im Original-Konzertverlauf gewünscht.

 

Beim DVD-Authoring, dem großen Schwachpunkt der meisten Konzert-DVDs, sind auch in diesem Fall wieder Fehler unterlaufen. Der Titel Magic Mind etwa, der Starttitel des EWF-Konzertteils, ist nicht einzeln anwählbar, das Opening geht in einem Track gleich in den  EWF-Konzertteil über. Stellt man dann noch fest, dass zwischen Opening und EWF-Konzert eine längere Ansprache mehrerer Gründungsmitglieder  beider Bands folgt, ist der fehlende Titel-Schnitt hier noch unverständlicher. Noch einen dummen Fehler gibt es auf dem  Back-Cover. Die Trackliste vergisst hier den Schlusstitel 25 or 6 to 4 komplett. Schade, dass Weltklassemusiker sich immer mit Amateueren am Ende der DVD-Produktionskette abgeben müssen.

 

An den gemeinsamen Konzertteilen merkt man, dass die Funk-Soul-Musik von Earth, Wind and Fire und der Jazz-Rock und balladige Pop-Rock von Chicago sehr gut zusammen passen. Gerade im Finale hört man die Übergänge zwischen den Titeln fast nicht mehr heraus. An der gemeinsamen Verabschiedung (über die leider der Abspann gelegt wurde), merkt man auch, dass die beiden Bands während der 2004-US-Tour zu einer Einheit geworden sind: Da verbeugen sich wie nach einer Theatervorstellung die Instrumentalisten beider Bands immer zusammen, zunächst die Gitarristen, dann die Schlagzeuger .. der Schlusspunkt ist den sieben Gründungsmitgliedern vorbehalten.

 

Insgesamt standen an diesem Abend auf der Bühne:

 

Earth, Wind and Fire:

 

  • Philip Bailey (Gesang, Percussion)
  • Verdine White (Bass)
  • Ralph Johnson (Gesang, Percussion)
  • Myron McKinley (Keyboards)
  • John Paris (Schlagzeug)
  • B. David Whitworth (Gesang, Percussion)
  • Reginald Young (Posaune)
  • Gary Bias (Saxofon)
  • Robert Burns (Trompete)
  • Gregory Moore (Gitarre)
  • Vadim Zilbershtein (Gitarre)
  • Krystal Bailey (Gesang)

 

Chicago:

  • Robert Lamm (Keyboards, Gesang)
  • Jimmy Pankow (Posaune)
  • Lee Loughnane (Trompete)
  • Walt Parazaider (Saxofon)
  • Bill Champlin (Keyboards, Gesang)
  • Jason Scheff (Bass, Gesang)
  • Tris Imboden (Schlagzeug)
  • Keith Howland (Gitarre, Gesang)

 

Die Tracklist:

 

DVD 1:

 

Opening:

 

Beginnings (Chicago, EWF)

In The Stone (EWF, Chicago)

Dialogue Part I and II (Chicago, EWF)

 

EWF-Konzertteil:

 

Magic Mind

Boogie Wonderland

System of Survival

Jupiter

Getaway

Serpentiine Fire

Kalimba Story

Got to Get You into My Life

The Way You Move

After the Love has Gone

That’s the Way of the World

Reasons

Fantasy

Let’s Groove

Mighty Mighty

 

DVD 2:

 

Chicago-Konzertteil:

 

Ballet for a Girl in Buchanon

If You Leave Me Now

Call On Me

Alive Again

Hard Habit to Break

Mongonucleosis

Old Days

Just You ’N’ Me

Saturday in the Park

Feelin’ Stronger Every Day

I’m a Man

Hard to Say I’m Sorry / Get Away

 

Finale:

 

September (EWF, Chicago)

Free (Chicago, EWF)

Sing a Song (EWF, Chicago)

Does Anybody Really Know What Time it is? (Chicago, EWF)

Shining Star (EWF, Chicago)

25 or 6 to 4 (Chicago, EWF)

 

Der Chicago-Teil ist also eine gute Mischung aus den Endsechzigern und frühen Siebzigern, ohne aber die poppigere Zeit später zu vergessen.

 

Die Bühnenshow ist teilweise spektakulär. Zwar wirken die (weißen) Musiker von Chicago etwas hüftsteif, während die (überwiegend schwarzen) Musiker von EWF auch als ihre eigenenen Go-Go-Tänzer durchgehen würden, aber insbesondere die drei Chicago-Bläser sprühen auf der Bühne vor guter Laune: ich würde gern mal Mäuschen spielen, was die sich da alles immer an Gags zu erzählen haben. Der Aktivposten des ganzen Konzertes ist sicher EWF-Bassist Verdine White: Was der Mann sich da drei Stunden lang abstrampelt (er steht eigentlich keine Sekunde still), ist schon aller Ehren wert (und er macht das ja seit über 30 Jahren).

 

Dieses Drei-Stunden-Konzert mit perfekt gespielter und trotzdem mit vielen Improvisationen angereicherter Gute-Laune-Musik kann ich nur zum Kauf empfehlen.

 

 

Andreas (a.h.; andreas@lonereviewer.de)

 

Cover-Foto und Konzertfoto derzeit noch unter Vorbehalt bereitgestellt; Rechte angefragt bei dem Chicago-Management

 

 

[Home] [Impressum] [Über uns] [Aktuelles] [Update-Archiv] [Konzerte] [CDs/LPs] [DVDs] [Quickies] [Top-Listen] [Audio-Tipps] [Kolumne] [Galerie] [Links]