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 The Ark: State of the Ark

The Ark: State of the Ark

 

gelebter Anachronismus - ich will Spaß ich geb Gas

theark 

-die Anzüglichkeit-

Nach der wieder einmal auflebenden 80er-Jahre-Revial-Welle geht es aber noch schlimmer. Mit kostümlichen Anleihen bei ABBA, the Sweet und anderen Stars der 70er Jahre schlägt the Ark kleidungstechnisch gesehen noch tiefer unter die geschmackliche Gürtellinie.

Wie bei einem ihrer Konzerte gesehen (vgl. Konzertbericht hier auf den LoneReviewer-Seiten), ist es aber nicht nur eine Masche. Der androgyne Paradiesvogel Ola Salo und seine Mitstreiter leben diese Zeit überspitzt auf der Bühne voll aus. Mit dem Pathos großen Gesten und theatralischen Posen a la Freddie Mercury provoziert er punktgenau Fans und Kritiker gleichermaßen, ohne eine gewisse Selbstironie vermissen zu lassen, die zwangläufig bei Retro-Bands von Nöten ist. Er hat ein Charisma, welches alle Zuschauer in den Bann zieht und selbst Melancholiker, Misanthropen oder depressive Hypochonder zu einer wilden Party einlädt, die selbst dem hartgesottensten Miesepeter die Stimmung aufhellt und in euphorischer Extase umhertollen lässt.

 

-die Anziehung-

Beim bloßen anhören des Albums ergeht es einem ähnlich. Der Glam-Pop-Rock-Mix von the Ark auf ihrem nunmehr dritten Album namens "State of the Ark" geht wohlwollend ins Ohr und krallt sich dort gekonnt fest. Man hört sie irgendwie alle: Freddie Mercury, the Sweet, T.Rex, Glitter Band, the Sparks, the Knack, Slade, ABBA, Sailor, Erasure, der junge David Bowie, ...

Von Beginn an wird auf Tempo gesetzt und man bekommt die Ohrwürmer eines glücklichen Menschen nur so um die Ohren gehauen. Zum einen liegt dies an dem hohen Wiedererkennungswert (ist das nicht ein Riff von ... , eine Textzeile aus ... - das kenn ich doch!), da man sich von vielen Vorbildern inspirieren ließ - oder einfach das Riff klaute. (Gern wird an dieser Stelle auf das Riff von the Knack aus "my Sharona" verwiesen, welches für "girl you gonna get'em" herhalten musste ... also mach ich das jetzt auch.) Zum anderen beeindruckt das Album positiv durch den perfekt getimten Einsatz von Instrumenten und Stimme. Popglanzperlen ohne wenn und aber. Nichts wird dem Zufall überlassen. Alles ist genau so arrangiert, weil es einfach so sein muss. Ob letzteres jetzt positiv oder negativ auf den Gesamteindruck einwirkt bleibt der Selbstbewertung überlassen. Optimismus kann weder überperfektioniert noch überproduziert sein.

 

-die Anzeichen-

Als Vorreiter einer neuen Glamrock-Welle bewegen sich the Ark, irgendwo zwischen den Sciccor Sisters und (dem durch die extrem hohe Stimme eher anstrengenden) the Darkness. Und doch war es nicht immer so. Fans der ersten Stunde (ich selber bin erst durch die Single "one of us is gonna die young" auf sie aufmerksam geworden) bemängeln, dass das so schön bisher dargebotene Seelenleid und der offenherzig gelittene Weltschmerz nunmehr einer unnötigen, penetrant-permanenten Euphorie gewichen ist, die Musik jetzt einfacher und unspektakulärer daher kommt und auch die Lyrik auf dem neuen Album hinter den bisherigen Texten aufgrund mangelnder Komplexität und Sinntiefe/Ironie zurückstecken muss. Alles einfacher, aber einfach gut.

 

Aber so negativ muss man dieses Album gar nicht sehen. Es sind Glampoprockperlen vom allerfeinsten mit Ohrwurmgarantie. Ob man will oder nicht, kommt man einfach nicht ums Mitschnippen /-wippen /-klopfen herum. Selbst Tage später fallen einem noch Textzeilen oder Melodiefragmente ein, die man gedankenlos vor sich hin singt, pfeift oder unbewusst anfängt zu trommeln. Und welche Songs führen einen dieser Tage schon noch dazu?

 

Die 42 Minuten Frohsinn verteilen sich fast gleichmäßig zu jeweils ungefähr dreieinhalb Minuten auf die 11 Songs, die alle sehr ähnlich sind - allerdings auf hohem Niveau. Besonders mitreißend sind "clamour for glamour", "one of us is gonna die young", "the others", "deliver us from free will" und "trust is shareware". Allein "no end" fällt aus dem Klangschema der übrigen Lieder heraus, aber auch diese ruhige Ballade nimmt man Ola Salo bedenkenlos ab. Die übrigen Songs haben auch ihren Charme und somit handelt es sich bei diesem Album um den überaus seltene Fall, dass es keinen einzigen Füller gibt!!! (Auch die Anordnung der Stücke wirkt perfekt. Das vorletzte Lied, das langsame „no end“, verstärkt den tollen Eindruck von „trust is shareware“ als Schlusspunkt dieses grandiosen Albums und man ist gewillt gleich noch einmal Play zu drücken und dann wieder und wieder und wieder ... In „no end“ heißt es dazu passen: „there is no end to love like ours”. Eine perfekte Inszenierung.)

 

Kurzum: Wer Glam-Rock gegenüber offen ist und keine Angst vor Ohrwürmern hat, mag dieses Album von Anfang an. Ältere "the Ark"-Fans müssen die Platte vielleicht zweimal hören, aber werden ihren Reiz erkennen. Es ist halt ein anderes Album als alle ihre vorherigen. Das kleine Experiment ist gelungen.

 

- die Musiker -

 

Ola Salo - Vocals

Jepson - Guitar

Sylvester Schlegel - Drums

Leari - Bass

Martin Axén - Guitar

 

- die Trackliste -

 

01 This Piece Of Poetry Is Meant To Do Harm

02 Rock City Wankers

03 Clamour For Glamour

04 One Of Us Is Gonna Die Young

05 Let Me Down Gently

06 Hey Kwanongoma!

07 The Others

08 Girl You're Gonna Get'Em (Real Soon)

09 Deliver Us From Free Will

10 No End

11 Trust Is Shareware

 

(lars@lonereviewer.de)

 

 

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