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 Joss Stone

Joss Stone & Band

(Freilichtbühne, Stadtpark Hamburg, 17.08.2005)

 

 

"Seeeeehr ordentlich!"

 

Damit beginne ich mit einem Zitat eines anscheinend überzeugten Zuschauers, der sich hinter mir beim Hinausströmen aus dem Stadtpark ebenfalls den Weg in die Freiheit zu ebnen versuchte.

Um 22.00 Uhr - pünktlich auf die Minute also - gingen mal wieder die blendenden Lichter und die störenden Musikbänder an und schickten uns plump heimwärts. Wie schön diese Location auch ist, wie sehr ich es auch geniesse bei schönem Sonnenschein und einem kühlen Bierchen und einer im Laufe des Abends eintretenden Dämmerung mich der dargebotenen Musik zu frönen;- Überraschungen werden im Vorwege jedes Mal im Keime erstickt!

 

"Wurde da vor Beginn von einem Roadie bereits ein Titel von den - auf dem Bühnenboden befestigten - Setlists mit einem Edding gestrichen ?!"

 

Um 20.30 Uhr - jetzt hatte Joss Stone jedenfalls noch 90 Minuten Spielzeit - begab sich das erste Bandmitglied an seine Keyboards und läutete das leider etwas in die Länge gezogene Rhodes-Intro zeitgleich mit der im TV übertragenen "freundschaftlichen" Fussballpartie Holland-Deutschland ein (auch dort war - im Vorwege bekannt - keine Verlängerung zu erwarten). Die restlichen Bandmitglieder (Drummer, Bassist, Gitarrist, Pianist sowie die drei Backgroundisten) traten alsbald Stück für Stück auf die Bühne und stimmten mit ein; sowohl instrumental als auch gesanglich die höchst erwartete Joss Stone anzupreisen. Ganz klar erscheinend wurde ihre Gestalt am lautesten bejubelt, als sie in üblicher Stolzierart in einem äusserst knappen und luftigen Kleidchen mit nacktem Fusse über die Bühne tänzelte und ihre ersten stimmlichen Töne zu "Super Duper Love" zum Allerbesten gab;- deren Höhen allerdings leicht das Mikro an seine technischen Grenzen zu bringen imstande waren.

Überhaupt war es die "Stimme", die über den Abend verteilt auffiel und überzeugte. Joss Stone wirkt nun langsam reifer, im Umgang mit ihren Gesangseinlagen aber auch im Umgang mit Band und Publikum. Das vormals bekannte "Nett-Kind-sein" hat sie nahezu abgelegt, die zu Beginn ihrer Karriere anfangs deutlich spürbare Schüchternheit auf der Bühne über den Jordan geschickt; so schien es jedenfalls einige Reihen entfernt. Die sonstigen quirligen Gesanges-Spielereien wurden abgelöst durch eine völlige Hingabe und Ausdruck, den sie hier und da gezielt platziert und mit einem gewissen "Feuer" an den Tag legte. Eine Stone also, die mir besser gefiel, als die, die ich von der Live-DVD her kannte. Keine Kopie ihrer Selbst, kein Ziehpferd der Band mehr - sie hat die Rolle der Frontfrau nun scheinbar endlich übernommen und zeigt sich "tonangebend" ! Das zeigt sich auch an dem Beispiel als Miss Stone kurzerhand im Mittelteil für knapp 15 Minuten die Bühne verliess, um den Instrumentalisten ihren künstlerischen Freiraum und Spieltrieb zu lassen, die dies auch konsequent (und mit etwas mehr Rock versehen) auszunutzen wussten. Nachdem dann im Anschluss ein jeder der Background-Garde mit verschiedenen Old-School.-Songs nun sein überzeugendes Gesanges-Solo in einer Klasse darbot, die den "alten Hasen" dieses Genres in nichts nachsteht und gar deren Platz nun einzunehmen bereit schien (Erinnerungen an Luther Vandross und Al Green beim Auftritt des männlichen Parts wurden wach; vielleicht sollte man sich diesen Herrn Ellison Kendrick mal merken) stiess Joss dann (inzwischen ganz divenhaft umgezogen) gesanglich hinzu und dirigierte den nun wieder zu einer Einheit formierten Background-Chor in einer Art und Weise, wie ein Stefan Gwildis es bekanntlich mit seinen drei Mädels stets zelebrierte und wie man es sonst nur einer kirchlichen Gospel-Session zuschreibt.

Ihren Spass beim Interagieren mit dem Publikum lässt sich Joss Stone nun aber auch nicht nehmen. Einmal bat sie die Band um Einhalt und das Publikum um ihre Feuerzeuge, die es nun in die Höhe zu halten galt. Joss tapste kurz zum Bühnenrand um ihre Digitalkamera zu holen und knippste ein paar Bilder von uns und der traumhaften Location. Sie bedankte sich mit einem Knicks und einem Lächeln, welches Grossvätern und Junggesellen zugleich das Herz erwärmte (das Publikum war dabei gut durchgemischt). So witzelte sie mit ihrer Band herum, erfreute sich der grünen Rasenfläche, auf der sie wie ein kleines Blumenkind herumhüpfte und immerzu die Nähe zum Publikum suchte. Auch die Herren "Aufpasser", die jeweils links und rechts der Bühne auf einer Bank - dem Publikum zugerichtet - sassen, wusste sie mit einer Prise "kühler Erotik" zu becircen, indem sie sich vor ihnen stellte und mit ihren Hüften und Armen ganz unbefangen und selbstbewusst kreiste. Die versteinerten Figuren mussten innerlich bestimmt gut kämpfen, um ihrer Sinne Herr zu bleiben.

 

Nach zwei Highlights wie "The Chokin´Kind" (das schon bei Ankündigung lauthals applaudiert wurde) und einem stimmlich überragendem "Right To Be Wrong",  einem verlängerten "Fell In Love With A Boy", bei dem das Publikum zum Singen aufgefordert wurde dem aber nur "norddeutsch" dürftig nachkam und einem interessanten Cover von Queens´ "Under Pressure" (welches dem Bowie-Werk etwas ähnlicher war), schritt die Band nach etwa 65 Minuten von der Bühne. Böse Erinnerungen wurden bei mir wach (Coldplay-Virus?!); aber nein - es folgten zwei Zugabeblöcke aus jeweils einem Song bestehend. Die erste Zugabe mit "Spoiled" und eine abschliessende mit einer etwa 15minütigen Version von "Some Kind Of Wonderful", die mir diesmal auch besser gefiel. So gab es einen ruhigen Mittelteil und reichlich Soli und Vorstellungen der einzelnen Bandmitglieder, wobei der Gitarrist (David Gilmore) mit drei Minuten Hendrix-Zelebration herausstach, was nicht nur von Joss Stone "ehrfürchtig" bekniet und gefeiert wurde.

 

Insgesamt konnte die Band im Einzelnen überzeugen aber nicht über einen besseren Durchschnitt hinausragen. Zu oft wirkten die Songs etwas zu sehr verwühlt und inhaltlich nicht richtig abgestimmt. Das Ganze wurde aber durch die wirklich "tolle" Stimme Stone´s gekonnt überspielt, der man einfach stets mehr Gehör verschaffte. Auch die anfangs fehlplatzierten Abgänge von Miss Stone (sie war vielleicht zwei Drittel der Zeit auf der Bühne) wirkten später ganzheiltich doch als gekonnter Plan einer guten Abwechslung, die man von den Vorbildern des Soul-Genres ja gewohnt war.

Die Stimmung war gut, es wurde geklatscht und teils mitgesungen, mitgeschwungen und hinter mir im kleinen Kreise auchmal die eine oder andere nicht "herkömmliche" Zigarette konsumiert ("das ist nicht mehr der natürliche Waldduft, der da meine Geruchssinne angreift?!"). Das Wetter tat sein Übriges und Joss setzte die  Kirsche (immer das schönste Teilchen) auf den farbenfrohen Eisbecher - rundum gelungen also, wenn auch mit kanpp Euro 44,-- denoch überaus überteuert, aber sei´s drum. Konzertbesuche sind schon längst zu einem "specialty good" mutiert, bei dem man sich genau überlegen sollte, ob man Geld investiert oder nicht. Allein die oft hochgepriesene Stimme einmal live (!) zu hören war es jedoch wert. Wo eine Shakira es auf ihrer letzten Tour - meiner persönlichen Ansicht nach -  live leider (!) versagt blieb, ihr (vielen Medien entnehmbar) negativ behaftetes Image einer "Popsängerin unter ferner liefen"abzulegen, ist Joss Stone auf einem besseren Wege "ernst" genommen zu werden. Ich bin - durch Kritiker leider unberechtigter Weise beeinflusst - mit heruntergeschraubten Erwartungen ob der Livequalitäten von Miss Stone gekommen und mit einer Einsicht gegangen, die mich in meiner damaligen Annahme bestätigte, dass mit Miss Stone eben doch (!) etwas musikalisch Schönes heranwächst, auf dem unterbesetzten Gebiet des Old School Souls. Da mag ein Kritiker nun weiter schreiben was er will (sucht Euch doch mal die Gegenden aus, wo Tadelung berechtigt ist!) ;- ich habe mir meine persönliche Betätigung geholt und die kann mir nun keiner nehmen; nur Joss Stone selbst... aber das wollen wir mal nicht hoffen!

An diesem Abend jedenfalls suchte ich - "mit einem guten Gefühl" und der Vermutung, dass "Dirty Man" als weitere Zugabe gestrichen wurde - den Weg durch die soulig-lauschige Nacht nach Hause und freue mich auf die Dinge, die da (noch) kommen...

 

 

(a.j.)

 

[andre@lonereviewer.de]

 

 

 

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