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 Gwildis (03/07)

Stefan Gwildis & halbe Band

(Campushalle, Flensburg/17.03.2007)

gwildisflenst 

 

Mit halber Mannschaft aufgebäumt!

 

Nach einem wunderschönen, sehr puristisch angehauchten Songwriterabend bei Christina Lux (siehe unseren Kurzbericht) haben Bruder Ralf und ich uns für den heutigen Samstag-Abend etwas mehr “souligen Pfeffer unter´m Hintern” versprochen - wir wurden zu 46,15 + x Prozent auch nicht enttäuscht! Dieses scheinbar klein und ominös wirkende, additive “x” machte im Ergebnis dabei nämlich den Großteil unseres gemeinsamen Zufriedenheitsgefühls aus, auf das der folgende Kurzbericht nun einmal mehr eingehen soll...

[x Element S, U, A;  freudiger Spielwitz, enormer Unterhaltungswert, gekonnt-variables Arrangement]

 

 

Dieses Konzertwochenende sollte für uns beide einleitend erwähnt so etwas wie einen feierlichen Ausklang unserer kürzlich erfolgreich beendeten Studienzeit - an der “alten Wirkungsstätte” Flensburg - darstellen. Das heutige Gwildis-Konzert in der noch recht jungen Campushalle (eingebettet auf dem Campusgelände beider Hochschulen) bot sich für diesen krönenden Abschluss natürlich bestens an.

Die Halle (übrigens auch Neu-Heimat des europaweit renommierten Handballclubs SG Flensburg-Handewitt) wurde durch den, vom bereits besuchten The Hooters-Konzert bekannten, dunklen Vorhang in zwei Hälften geteilt. Die flexiblen Rangaufbauten und vorderen Sitzreihen wurden dabei von Alt&Jung recht gut gefüllt. Es blieb jedoch derart überschaubar, dass Bruder Ralf in seinem knapp 80.000-Seelenheim, welches von größeren Showacts vor dem Hallenbau leider lange Zeit verschont geblieben ist, sogar den einen oder anderen Nachbarn erkennen und begrüßen konnte; selbst ein geschätzter Professor aus alten Studientagen (übrigens in einem fürchterlich leuchtenden Anzug!) wurde in den ersten Reihen von uns beiden ausgemacht. Um es an dieser Stelle gleich anzusprechen, wurden jedoch von Bruder Ralf, mir und bestimmt einigen anderen eingeweihten Mitgliedern ein paar andere bekannte Gesichter unserer Gemeinde schmerzlich vermisst. Vorallem unseren lieben Schwestern Sandra, Julia und Regy, also der “weiblichen Note” des Backgrounds wurde (speziell bei dem Liedgut “Amelie”), wie einer kürzlich Verflossenen in eigenen Armen, nachgeweint. Zum anderen musste eine Vielzahl der Songs merklich ohne die sonst mehr als nur begleitende Horn Section auskommen. Dies war aber auch die einzige kleine Lücke der bitteren Enttäuschung, welche unsere mittlerweile Gwildis-verwöhnten Ohren kurz entrückt schlackern ließ, jedoch dann von obigem Element “x” bestens geschlossen wurde:

 

Die nun sechsköpfige Band (einmal kurz überraschend singend und tanzend begleitet von dem mitgereisten Michy Reincke) bestehend aus dem Stammpersonal

 

Stefan Gwildis (Gesang, Gitarre, Percussion)

 

Martin Langer (Schlagzeug)

 

Achim Rafain (Bass)

 

Mirko Michalzik (Gitarre)

 

Ralph Schwarz (Keyboards)

 

Matze Kloppe (Keyboards)


verstand es jedoch, wie eine mit Meuterei, Krankheit und roten Karten geschädigte (nicht, dass dies in dieser eingeschworenen, familiären Band je der Fall sein sollte), aber höchstmotivierte Fußballmannschaft, die fehlenden Positionen derart zu er- und besetzen, dass die bekannt spielfreudigen Songs - die ja eigentlich nach pompös-instrumentaler Ausschmückung schreien - auch hier und heute eine große Wirkung entfalten konnten. Dabei haben alle Übriggebliebenen alte Aufgaben erweitert und neue übernommen. Da wurde der weibliche Background durch die männlichen Stimmen der 3Ms-Instrumentalkünstler (Martin, Mirko, Matze) kompensiert und die Percussions eines fehlenden Pablo Escayola kurzerhand von allen Protagonisten an Bongos, Cajón, Mülltonne (?!) und Kuhglocke zu nahezu gleichen Anteilen übernommen – “...jeder spielt für den anderen!”.

In diesem Kontext sehr herausstechend war das in der Musikwelt geschätzte Trompetensolo zu Beginn von “Papa will da nicht mehr wohnen”, welches nun durch eine Mundorgelart (Matze) ersetzt wurde und beim Publikum begeisterte Ovationen auslöste. Für das Gemeinde-Protokoll nicht unerwähnt soll bitte auch bleiben, dass Bruder Ralf neben mir sich während des gesamten Konzertes (übrigens unaufgefordert!) dazu bereit erklärte, für unsere hintere Sitzreihe die fehlende Horn Section - allein mit seinem gepriesenen Mund nachahmend – zu übernehmen - und dies garnicht mal schlecht. Die bereits vor der Messe eingesammelte, großzügige Kollekte findet also auch allein Bruder Ralf verdankend ihre Berechtigung!

Wir Gemeindemitglieder haben uns also mit dem Fehlen unserer geliebten Brüder und Schwestern abgefunden und durchaus damit arrangieren können.

Gleichtuend die Band, die mit weniger sogar viel Neues schaffte und dem anfänglich zurückhaltenden Flensburger Publikum später gut einzuheizen wusste – wenngleich ich auch feststellen musste, dass “Tanzen übern Kiez” außerhalb von Hamburg doch leider schlecht funktioniert. Der Flensburger, als bundesweit nördlichster Stadtmensch, ist schon ein ziemlich “eigenes, stolzes Exemplar,...welches lieber am heimischen Nordertor seine Stelzen zum Tanze hebt!” (Kommentar eines Ansässigen). Da passten “Wunderschönes Grau” und “Anker werfen – Segel setzen” schon allein geographisch besser. Die in der Halbzeit mitgehörten Gespräche vieler selbstbekennender Neulinge unterstrichen dabei, dass der deutsche Soulprediger hier oben ferner wirklich gut angenommen wird; sowohl vom Typ her als auch aus musikalischer Sichtweise – “...da wird hier gerne schon mal unterschieden!”, wie der eingeborene Ralf mir anschließend auch noch versicherte. Das passt also: “Gwildis flenst!”*!

 

Schlußendlich wurden wir und das zum Rausschmiss hin dann richtig euphorisch gewordene Neu-Publikum insgesamt wirklich gut unterhalten. Besonders gefiel mir persönlich am Abend dabei die kleine Unpluggedsession direkt nach der Pause, die mit den bekannten gwildischen Soulklassikern aufwartete,- sowie auch der die vocals (Stefan) instrumental alleinig begleitende Einsatz des Basses bei eben “Anker werfen – Segel setzen” (Achim). Auch gut angenommen wurde der Keith Jarrett-Singsang-ummantelte “Bonzo”-Song, der von einem zweigeteilten Publikumschor herzlich mitgestaltet wurde und auch mich einmal mehr anregte.

 

Neben der mitreißenden Musik gab es dann noch zwei, drei witzige Szenen zu beobachten, von denen der Lone Reviewer stets gerne berichtet. Zum einen, als zu Beginn auf Stefans Frage nach der Herkunft der Zuschauer hin direkt hinter uns jemand - wohl ein Fan der ersten Stunde - lauthals „St. Pauliiiiiiii“ aufschrie und der noch etwas scheuen Gemeinde des hohen Nordens mit stolzer Brust sein untergezogenes “Retter“-T-Shirt offenbarte. Gut (oder auch schlecht), dass der Flensburger an sich mit Fussball nicht viel am Hut hat und so auch keine Hetzjagd durch die Ränge ausbrach, sondern – nach kurzer Abwägung der Situation – anscheinend lediglich die heilbringende Botschaft eines Jüngers erkannt wurde und heiteres Gelächter die Halle erfüllte. Das Eis ward jedenfalls schnell gebrochen, dank Bruder Pauli. Stefan stellte also nochmals für alle Anwesenden zusammenfassend fest, dass heute Geleitschaft aus Flensburg und St. Pauli...(und nicht vergessen Tarp natürlich!) zugegen ist. Bruder Pauli war es dann auch, den es nach der Halbzeit nicht mehr auf seiner hinteren Bank hielt und zum 2. Teil des Konzertes direkt vor der Bühne mit seiner (heute wiedergetroffenen?!) Lebensabschnittsgefährtin eine ganze Weile lang eine flotte Sohle auf´s bühnennahe Parkett legte und dabei viele andere nun doch freudig Überzeugte mit ansteckte: “Hallelujahhh!”. Unterhaltsam war auch an anderer Stelle die bekannte “BackToStage-Kletteraktion” von Stefan, die nach anfänglichem – wohl mittlerweile altersbedingtem -  Scheitern durch einen einzelnen aufmerksamen Zuschauer mit einer waschechten Räuberleiter und klatschendem Aufmunterungs-Beifall der Ränge unterstützt wurde. Dass die Hose dabei im Schritt hielt, erstaunte nicht nur meine umsitzenden Nachbarn: “...war wohl sowas wie eine Arbeitsschutzhose mit Stahlfaser-verstärktem Innenteil?!

 

Das von Ralf und mir zum Abschluss (d.h. zweiten Zugabeblock) sehnlichst erwartete „Warum liebst Du mich nicht (I can't make you love me)“ - mir übrigens auch noch sehr gut in einer einnehmenden Unplugged-Liveversion von George Michael in Erinnerung - wurde dann von Mirko an der Gitarre und Stefan an den vocals bestens mit John Hiatt´s “Lass mich nicht allein heut Nacht (Have a little faith in me)” getauscht. ”Wäre ohne das Keyboard sowieso nicht gegangen (!!!)”, bemerkt Ralf - der die für ihn unvergessene “Warum liebst Du...”-Version aus dem Rolf Liebermann-Studio (siehe unseren ausführlichen Bericht) damals miterlebt hat - dabei leicht grummelnd aber dennoch merklich besänftigt durch den ebenso fantastischen Ersatz.

 

 

Als Fazit kann man nun folgende Aspekte festhalten:

 

Wer beim Rolf Liebermann-Konzert (mit voller 10 Mann-Bandbesetzung plus sattem 23+4 köpfigen Chor) dabei gewesen ist, wird das heutige Konzert sicherlich nicht als das Beste vom mittlerweile (fühlbar) anerkannten deutschen Soulkünstler Stefan Gwildis bezeichnen;- es aber wie jeder Neuling, gerade wegen seiner neuen und gelungenen Arrangements als einen tollen Musikabend festhalten können. Stefan und seine halbe Band gaben jedenfalls richtig Schwung und der Protagonist selbst wechselte wieder mindestens einmal seine vor lauter ehrlichem Arbeitsschweiss triefenden Hemden. Für Bruder Ralf und mich war dieses Konzert - und überhaupt das gesamte Konzertwochenende (mit der überzeugend solo auftretenden Christina Lux im Flensburger Volksbad am Abend zuvor) - ein gelungener Abschluss für unsere ganz persönliche Absolventenfeier in einem vertrauten Kreise. Wir verbleiben beide mit der Erkenntnis, dass musikalisch auch “im Kleinen” sehr viel geht; dass bei Gwildisalben auch anfangs ungeliebte Songs “live” erst, dann aber richtig und halt auch mal anders strahlen können. Abschließend gilt es auch aus persönlichem Anliegen festzuhalten, dass sich das von größerer Künstlerseite wenig aufgesuchte Flensburg als absolut konzerttauglich erweist – es bedarf halt eben nur richtiger musikalischer Handwerker, wie beispielsweise Stefan Gwildis und seiner Band, um der nördlichsten Gemeinde einzuheizen!

 

 

a.j. (andre@lonereviewer.de)

 

 

Offizielle Links:

 

www.stefangwildis.de

www.campushalle.de

 

* um den nicht-kommerziellen Charakter des Lone Reviewers zu wahren: „es beckst, krombachert, jevert und warsteinert auch manchmal gerne irgendwo!

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