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 Adam Green

Adam Green

(FritzClub, Berlin 12.02.2005 - Zusatztermin)

 

Gemstones & andere Nichtigkeiten

adamgreen 

    Irgendwas muss dieser junge Mann doch haben, wenn alle Welt über ihn redet. Sarah Kuttner macht pausenlos Werbung für ihn, sämtliche Feuilletons verklären ihn als Quasi-Messias und Harald Schmidt "adelte" ihn dadurch, dass er der erste Gast bei "Harald Schmidt" war - obwohl das neue Showkonzept gar keine Gäste mehr vorsieht. Die dort von Adam Green gespielte Version von "Emily" ging sofort ins Ohr und auch optisch schien er fähig zu sein, mal eine andere Art von Show zu bieten. Als es dann hieß, dass aufgrund der großen Nachfrage ein zweites Konzert in Berlin angesetzt wird ... hat es mich erwischt. Ich gebe zu, ich bin dem Hype erlegen, kaufte mir eine Karte und warte gespannt, auf was ich mich da eingelassen hatte ...

    Dadurch, dass ich auf den letzten Metern noch mehrmals darauf angesprochen worden bin, ob ich denn nicht noch eine Karte übrig haben würde, war ich von der Größe des neuen Saales (FritzClub) als Veranstaltungsort sehr überrascht. Wie kann ein neuer Künstler zwei mal einen Raum fast so groß wie die Columbiahalle ausverkaufen? Alles nur Werbung? Aber nein, ihn gab es ja schon vorher als Sänger der Moldy Peaches - aber das ist an mir vorbeigegangen. Ansonsten schien es zumeist der Zeitgeist der Jugendlichen bzw. Jugendverbundenen zu sein, den er anspricht. Der Altersdurchschnitt kam mir vor wie ... sechzehn. (Wo bin ich hier? Hoffentlich kein Teeniegekreische. Bitte.) Die Weibchen waren zahlenmäßig den Männchen geringfügig im Vorteil. Unterdessen spielte schon eine Band auf der Bühne (also vor dem offiziellen auf der Karte aufgedruckten Beginn von 21:00 Uhr). Wie sich später herausstellte, hießen sie the Gnomes und waren die Band, die Adam Green dann auch den Abend über begleiten sollte. Auf der Gemstones-CD waren diese Herren vermerkt als: Steve Mertens (Bass), Parker Kindred (Drums), Chris Isom (Guitar) und Nathan Brown (Wurlitzer, Organ). Zwischen den beiden Auftritten wurde (wie üblich) Musik von Band gespielt, damit den Fans nicht langweilig wurde. Eine interessante Songauswahl, die wahrscheinlich auch auf Adam Green zurück geht. Nahtlos aneinander reihten sich da "rape me" von Nirvana, Neil Diamonds "I am ... I said", "a whiter shade of pale" von den Moody Blues und Percy Sledges "when a man loves a woman". Das muss man sich erst mal trauen und ich war gewillt zu glauben, dass es auch auf dem Konzert ein paar Überraschungen geben würde.

    21:15 Uhr war es dann soweit und zu den letzten Takten von Michael Jacksons "heal the world" (ein Schelm wer dabei böses denkt) schwebte er förmlich auf die Bühne, sang auch mit und war für seinen Auftritt bereit. (Der Auftrittsapplaus war überangemessen; das Gekreische hielt sich in Grenzen.) Da in Deutschland noch nicht alle Solo-Platten von ihn Kultstatus erreicht haben, spielte er einfach ein bisheriges Best-Of-Programm seines Schaffen (inkl. der Moldy Peaches-Zeit), welches schließlich auch ein Drittel der Songs des aktuellen Albums "Gemstones" beinhaltete. Es sind zwar nicht alles Edelsteine, die dieses Album aufweist, aber wenn man sich erst mal an diese experimentelle Lyrik, Gedankensprünge und unverhofften Tempowechsel innerhalb von 2:30-Minuten-Stücken gewöhnt hat, werden die Songs gefälliger. Er ist somit so etwas wie ein englischsprachiger Funny van Dannen (mit größerem Fokus auf die Musik und nicht ganz so intelligent-lustig verpackten Stücken).
    Die Musik war okay, aber seine Stimme wurde leider von den Instrumenten dominiert und war teilweise gar nicht zu verstehen (abgesehen davon, dass er die Texte teilweise nur ins Mikro schrie). Gleich bei
    down on the street sangen ein paar Fans mit und im späteren Verlauf des Abends, als man sich vermeintlich Stücke wünschen konnte, erkannte man die wahren Fans an ihren Songwünschen (Titel, die ich noch nie gehört hatte). Das erste Highlight für mich war (das eher gemäßigte Stück) prince's bed, aber auch seine spontan wirkenden eigenwilligen Tanzeinlagen beeindruckten. Dabei war mir bis zum Ende nicht klar, ob er auf Drogen ist, alles inszeniert, alles spontane Ideen von ihm sind, oder er sich immer so aufführt. Er deckte zumindest die ganze Skala vom zerstreuten Professor bis hin zum irren Freak ab, was ihm an einigen Stellen Szenenapplaus einbrachte. Schöne Versionen gab es von Emily, welches auch wieder alle mitsingen konnte, den ersten Solohit von damals (also sein Ode an Jessica Simpson) und die Hymne friends of mine, nach welchem man eigentlich erst so richtig warm geworden war; (40 Minuten war er bereits auf der Bühne). Ansonsten war die Show relativ durchgestylt, d.h. in vier Blöcke und die Zugabe geteilt und leider hat er wenig zwischen den einzelnen, sehr kurzen Stücken mit dem Publikum gesprochen. Er versuchte es nur anfänglich mit dem deutschen Zungenbrecher "Brautkleid bleibt Brautkleid", wohingegen er dann, nach umjubelter Tat, das unvorbereitete Publikum aufforderte, das ungleich schwerere "Peter Piper" zu wiederholen. Zum Ende der Show hin ließ er die Kommunikation aber weg und sang ein Stück nach dem anderen runter. Ein Entertainer wollte er also nicht sein. Ein von ihm beantwortetes Request nach secret tongues wurde allgemein bejubelt, worüber sich der nachfragenden Groupieblock tierisch freute und jedes Wort lautstark mitsang. Als ich mich während des Konzertes so umblickte, sangen nicht allzu viele Leute die Texte mit (maximal ein paar Zeilen); aber ich stand ja auch nicht dirket im Fanblock, eher bei den alten Säcken Ü-25.
    So ich mich nicht ganz irre, spielte er als Rausschmeißer das bewegende Velvet Underground Stück
    I'll be your mirror; für mich ne wunderbare Überraschung, dieses hier zu hören. Die schlechte Überraschung war dann, dass es nach zwei Zugaben erst 22:24 Uhr war, aber das Konzert nach 69 Minuten schon vorbei. So richtig glücklich ist man damit ja nicht ...

    FAZIT: 'Der Hype ist vorbei, wir gehn nach Haus. Der Hype ist vorbei, der Letzte macht das Licht aus.' Es ist zwar eine Zeile von Zinoba (den tollen Newcomer von 2004), trifft es aber ganz gut. Es war ein solides Konzert, wenngleich nicht sonderlich besonders. An die Faxen auf der Bühne hatte man sich nach ein paar Minuten gewöhnt und wenn er diese die ganze Zeit über veranstaltet hätte, wäre das auch schnell nervig geworden. Schade war, dass seine Stimme manchmal durch die Band einfach weggespült wurde und man nichts von seinen Texten verstand (akustisch gesehen). Das größte Manko für mich war jedoch die Kürze des Konzertes. Okay, er spielte 24 Lieder, aber als man sich endgültig diesem Konzert hingeben konnte, befand der sich nach 'secret tongues' und 'dance with me' schon im Zugabenblock. Es ist zwar löblich, sich an den Beatles zu orientieren, aber muss es unbedingt an deren Songlänge von 2:XX min. sein? Die Songs sind dadurch zwar sehr gut für das Radio geeignet, aber ob man sich dann noch ein CD mit einer Spielzeit von knapp 32 Minuten für 16.99 Euro kauft ist fraglich. Funny van Dannen macht das ja um Längen besser. Dafür war das Ticket ja verhältnismäßig preiswert gewesen, wodurch man sich nicht zu sehr ärgern brauchte. Ist wohl das Los der modernen Zeit, dass alles immer schneller gehen muss - konnte sein Fanblock also noch in die Disco (oder den Club, wie es ja jetzt deutsche heißt).
    Nach dem Konzert kam von Band als erstes Johnny Cash mit "we'll meet again". Sarkasmus? Ironie? Werbung? Adam Green. Irgendwas wird dieser Mann doch haben. Aber an diesem Abend ist mir entgangen, was es sein könnte.

(verfasst von l.j. - lars@lonereviewer.de)

'Line-Up' der 24 Songs:
(*= aktuelles Album 'Gemstones' [2005] / **='jackt full of danger' [2006])

    1.(I am happy)

    2.down on the street*

    3.bluebirds

    4.Carolina*

    5.?my shadow tags on behind

    6.Bunnyranch

    7.(let go)

    8.I wanna die

    9.the prince's bed

    10.watching old movies**

    11.intro / Jessica

    12.?broken joystick

    13.gemstones*

    14.Hollywood bowl**

    15.friends of mine

    16.Emily*

    17.over the sunrise*

    18.Mozzarella Swastikas

    19.what a waster

    20.rainbows

    21.secret tongues

    22.dance with me

    Zugabe:

    23.we're not supposed to be lovers

    24.I'll be your mirror (Velvet Underground-Cover)

 

 

 

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